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Fünf Stolpersteine wurden in der ehemaligen Herrenstraße 10 verlegt

Der Karlsruher Historiker Wolfgang Strauß hat die Vorfahren von Ludwig Beck bis zu ihren Ursprüngen in Lörrach zurückverfolgt.

„Die Familie Beck – die Becks trugen ursprünglich den Namen Braunschweig, 1809 nahmen sie den Namen Beck an – lässt sich in Lörrach bis in die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts nachweisen und gehört somit zu den drei ältesten jüdischen Familien in Lörrach. Um 1735 kamen sie aus dem Elsass nach Lörrach.“ [1]

Stammvater der Familienlinie von Ludwig Beck war Daniel Beck, der in der Teichstraße 9 eine Metzgerei betrieb. Daniel Beck verstarb 1925 im Alter von 88 Jahren in Lörrach. Sein Sohn Bernhard, Ludwigs Bruder, sollte das Geschäft bis zu dessen zwangsweiser Auflösung im November 1939 weiterführen. [2]

Daniel Beck war Vater von neun Kindern aus zwei Ehen. Das Zweitälteste war Ludwig, geboren am 2. Juli 1869. Wie die meisten seiner Söhne betätigte sich Ludwig, gelernter Metzger, als Viehhändler. Sein Wohn- und Geschäftssitz war die Herrenstraße 10. [3]

Ludwigs Verwandtschaft mit Philip Heilbronner war zweierlei Gestalt. Zum einen ehelichte dieser Emma Beck, Ludwig Becks Halbschwester, zum anderen heiratete Ludwig Beck seinerseits Elise Heilbronner, Philip Heilbronners Schwester. [4]

Aus Ludwigs Ehe mit Elise Beck gingen zwei Söhne hervor: Walter Nathan und Heinrich. Von allen unmittelbaren Familienangehörigen sollte nur Heinrich die Shoah überleben. Ihm gelang 1938 die Flucht in die Vereinigten Staaten. Eine Spur führt nach Atlanta im Bundesstaat Georgia. Dort fand Heinrich vorübergehend Zuflucht und Aufnahme in einer jüdischen Familie. Er sollte fortan den Vornamen „Henry“ führen. Der Sohn der Gastfamilie, Simon Glustrom, erinnert sich später: „Henry wuchs in idyllischen Verhältnissen auf. Er war Sohn recht wohlhabender Eltern, die sehr bekümmert um ihn waren. Er wollte bleiben, aber sie wollten, dass er nach Amerika ging, solange dazu noch Zeit war.“

Sein damaliger Gastbruder beschreibt die Ängste und Sorgen, mit denen Henry die Nachrichten verfolgte:
„Allmorgentlich bevor Henry zu seiner Lehrstelle als Buchhalter und ich zur Schule aufbrachen, hörten wir die Radionachrichten aus Übersee in großer Anspannung. Die unbeschreibliche, tagtäglich schlimmer werdende Tragödie war Thema am Esstisch. Wenn Henry dabei von seiner Familie erzählte, traten Tränen in seine Augen.“ [5]

Zu den tief beunruhigenden Nachrichten, die Henry Beck erreichten, gehörte ohne Zweifel das Pogrom vom 9./10. November 1938, im Zuge dessen sein Vater und sein Bruder in Lörrach verhaftet wurden und in der Nacht des 10. auf den 11. November in das Konzentrationslager Dachau verbracht wurden. Knapp zwei Jahre später, am 22. Oktober 1940, wurden Vater, Mutter, sein Bruder Walter und seine Tante Emilie Heilbronner in der Herrenstraße 10 von der Gestapo abgeholt und von der nahegelegenen damaligen Handelsschule am heutigen Markplatz aus über Freiburg in den unbesetzten Teil Frankreichs deportiert. Wie es ihnen dort im Behelfslager Gurs erging, dürfte er ebenfalls erfahren haben. Vater und Bruder gingen dort nur wenige Wochen nach ihrer Einlieferung an den erbärmlichen Lagerbedingungen zu Grunde.

Seine Tante, Emilie Heilbronner, wurde am 8. August 1942 aus dem Sammellager Drancy im Norden von Paris nach Auschwitz deportiert. Der letzte Ort ihrer Internierung im noch unbesetzten Frankreich war das Lager Recebedou. Seine Mutter, Elise Beck, sollte seiner Tante auf diesem Weg 20 Tage später folgen. [6]

Beide, Mutter und Tante, wurden in Auschwitz ermordet.

Quellenhinweise

Fotos der Familien Beck und Heilbronner

  • Familie Beck
  • Hintere Reihe von links nach rechts: Ludwig, Walter, Bernhard, Isaak Beck.  
    Vordere Reihe von links nach rechts: vermutlich Emilie, Adele, Babette, vermutlich Elise und Erna Reiser Beck (Tochter von Babette Beck Reiser)

  • Foto der Familie Beck
  • Hintere Reihe von links nach rechts: Ludwig, Adele, vermutlich Isaak oder Samuel, Bernhard
    Vordere Reihe von links nach rechts: Daniel Beck, Emma Beck und Philip Heilbronner, vermutlich Isaak oder Samuel.


  • Familienportrait der Familie Beck und Heilbronner
  • Hintere Reihe von links nach rechts: Ludwig, vermutlich Isaak, Bernhard
    Mittlere Reihe von links nach rechts:  vermutlich Samuel Beck & Judith Beck Geismar, Emma Beck Heilbronner, Babette Beck Reiser und vermutlich Adele Beck
    Vordere Reihe von links nach rechts: Erna Reiser (Tochter von Babette Beck Reiser), Ronia Reutlinger Beecher, Alice Geismar Reutlinger
  • Familienportrait der Familien Beck und Heilbronner
  • Hintere Reihe von links nach rechts: Ludwig, Adele, Bernhard und vermutlich Isaak
    Mittlere Reihe von links nach rechts: Else Heilbronner, Alice Geismar Reutlinger, Karl Beck, Alice Heilbronner, Trudy Beck, Emma Beck Heilbronner
    Vordere Reihe von links nach rechts: Fanny Beck, Gustav Beck


    Anmerkung zu den Bildbeschreibungen der Familie Beck:
    Einige Mitglieder der Familie Beck können aufgrun der des Alters der Fotografien nicht eindeutig zugeordnet werden. Daher sind diese Personen in der Bildbeschreibung mit dem Hinweis "vermutlich" benannt.

    Fotohinweis:
    Alle Fotos der Familie Beck stammen aus dem Privatarchiv von Andrea Beecher.

Interaktive Karte

Die Standorte der Stolpersteine können Sie sich hier auf der Karte anzeigen lassen.

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