WIR SPRACHEN MIT UNSERER GÄSTEFÜHRERIN CHRISTEL MOHR ÜBER IHREN PERSÖNLICHEN LIEBLINGSORT IN LÖRRACH - DER OPEN BRIDGE
Warum ist dein Lieblingsort für Lörrach so besonders?
Die Open Bridge präsentiert Kunst unter der Autobahn und bietet regionalen und internationalen Anfängern und Profisprayern seit dem Jahre 2010 die Gelegenheit, sich an den legalen Free Walls in Graffiti und Street-Art im Großformat auszuprobieren. Die Brücke erstreckt sich über etwa 1.500 Meter und bietet mit 56 Pfeilern jede Menge Fläche. Sie ist für alle frei zugänglich. Bei der Betrachtung der Bilder an den Brückenpfeilern wird man einfach in ihren Bann gezogen. Die Open Bridge ist eine echte Bereicherung für Lörrach. Es geht hierbei nicht darum, mit den Graffitis Geld zu verdienen. Die Stadt Lörrach und das Regierungspräsidium Freiburg haben die Flächen freigegeben und die Künstlerinnen und Künstler machen aus den Brückenpfeilern etwas ganz Besonderes. Also ein Geben und Nehmen auf unkomplizierte Art und Weise.
Was macht diesen Platz für dich persönlich zu deinem Lieblingsort?
Unter dieser Open Bridge bin ich einfach bei jedem Wetter und zur jeder Zeit zufrieden. Mich sprechen immer wieder andere Dinge an. Mal ist es die Farbwahl, mal die Schriftzüge oder einfach die Gesamtgestaltung eines Werkes, welche mich begeistern und oft auch ein bisschen in eine andere Welt beamen. Jedes Bild hat eine eigene Botschaft. Manchmal erkenne ich sie sofort, manchmal muss ich es mir aber auch öfter ansehen und recherchieren. Und natürlich stehen hinter allen Graffitis Menschen. Menschen jeder Generation, die von ihren Schicksalen und ihren Emotionen erzählen. Hin und wieder treffe ich entweder Sprayer oder andere Spaziergänger, mit denen ich gerne ins Gespräch komme und wir uns gegenseitig austauschen. Für mich ist das Entspannung pur.
Kannst du uns kurz den geschichtlichen Hintergrund erläutern?
Anfänglich konnten die Akteure gar nicht einschätzen, ob dieses Projekt, welches in erster Linie von Jugendlichen initiiert wurde, gelingen würde. Nach einigen Jahren durfte die öffentliche Verwaltung feststellen, dass alles gut klappt. Die Sprayerinnen und Sprayer untereinander verstehen und respektieren sich, es bleibt kein Müll liegen und auch das Publikum ist sehr erfreut. Die ersten 10 Jahre konnte man im Rathaus eine kostenlose „Green Card“ erhalten. Damit wurden die Daten der Sprayenden erfasst und die Regeln bekannt gegeben. Somit verfügte man über die Sprayerlaubnis an den Brückenpfeilern – was sonst ja überall verboten ist. Zum 11-jährigen Open Bridge Festival wurde beschlossen, dieses Prozedere aufzulösen. Inzwischen finden Interessierte auf www.loerrach.de alle notwendigen Informationen. Das Einholen einer Green Card ist nicht mehr erforderlich. Unter den Sprayern gilt natürlich nach wie vor: „nur wer besser ist, darf ein anderes Bild übersprayen.“ Betrachtende finden es manchmal schade, wenn bestimmte Werke übersprayt werden, in der Szene zählt aber der Wandel. Und genau das macht so eine Open Bridge aus. Nur wer gut ist, genießt Fame (Ruhm) und wird auch länger sichtbar bleiben.
Die Open Bridge ist mit der Bahnlinie S5 oder S6, Haltestelle Lörrach-Haagen/Messe am besten zu erreichen. Folge einfach dem Fußweg durch den Grüttpark.
Christel Mohr
- Gästeführerin Christel Mohr ist gebürtige Namibianerin und lebt ihre Führungsthemen seit 2006. Sie lässt ihr Publikum, besonders gerne Schulklassen, lebendig das Burgleben auf der Burgruine Rötteln nachspüren oder zeigt an der Open Bridge wie Graffitis und Murals entstehen, verstanden und geliebt werden können. An ausgewählten Führungen dürfen selbstangefertigte Stencils (Schablonen) mitgebracht und gesprayt werden. Bei Radtouren im Dreiländereck können mit ihr Bilder der internationalen Graffitiszene entdeckt werden. Ihre Themen vermittelt sie auch in englischer Sprache mit Begeisterung.
Christel Mohr bietet in Lörrach folgende Führungen an:- Graffiti-Open-Air-Walk
- Burgruine Rötteln
- Lörrach - Damals und heute
- Radtour: Bunte Wände erzählen ihre Geschichte