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Die Holzhackschnitzelanlage im Hallenbad

Sommerfokus Wärmeversorgung in Lörrach

Während der Sommerferien blicken wir mit Ihnen hinter die Fassaden und Türen verschiedener städtischer Fachbereiche. Einen Überblick zur Wärmeversorgung in Lörrach gaben der Fachbereich Umwelt und Mobilität gemeinsam mit den Stadtwerken und der Stadtenergie.

Wie geht es voran mit der klimafreundlicheren Wärmeversorgung in Lörrach? Wie weit ist der Ausbau der Wärmenetze und was sind die Herausforderungen der Zukunft? Diesen Fragen gingen Bürgermeisterin Monika Neuhöfer-Avdić, Britta Staub Abt, Fachbereichsleitung Umwelt und Mobilität, Wolfgang Droll, Betriebsleiter Stadtwerke Lörrach und Michael Pilgermayer, Geschäftsführer für Vertrieb, Projektentwicklung und Planung, Stadtenergie Lörrach nach und gaben einen umfassenden Überblick zur Wärmeversorgung in Lörrach.

Bürgermeisterin Monika Neuhöfer-Avdić
„Der Ausbau der Wärmenetze ist ein wichtiger Faktor für unser Ziel bis 2040 eine klimaneutrale Kommune zu sein. Mit der Wärmeplanung werden wir bis Ende des Jahres die vorrangigen Gebiete für den stufenweisen Ausbau definieren. Klar ist aber auch, dass der stadtweite Ausbau einen immensen Kraftakt darstellen wird, der auch große bauliche Maßnahmen in der städtischen Infrastruktur mit sich bringt. Zudem werden wir aus Gründen der Effektivität und aus topographischen Gründen auch nicht alle Gebiete in Lörrach anschließen können. Mit dem neuen Wärmenetz in Stetten-Dorf werden wir eine weitere Maßnahme für eine klimafreundlichere Wärmeversorgung umsetzen.“

Daten und Fakten

  • Der Bau einer Quartierzentrale (QZ Schulstraße) zur Wärmeerzeugung und eines Wärmenetzes hat bereits begonnen. Die QZ wird aktuell im Untergeschoss der neuen Sporthalle der Fridolinschule errichtet.
  • Die Stadtenergie Lörrach ist nicht Bauherrin der Räumlichkeiten, trägt aber die zusätzlichen Bauwerkskosten von zirka 450.000 Euro netto. Die spätere Nutzung erfolgt deshalb mietfrei.
  • Die QZ wird von der Stadtenergie Lörrach in einem ersten Schritt mit der für den Start der Versorgung notwendigen Technik ausgestattet. Hierzu zählen ein Pufferspeicher (30 m³ Wasserinhalt), ein Erdgas-Spitzenlastkessel mit zirka 2.000 kW Heizleistung sowie die Schornsteinanlage für den Endausbau.
  • Zukünftig vorgesehen sind des Weiteren zwei Grundlastkessel für Holzpellets mit zusammen rund 900 kW Heizleistung. Mit diesem technischen beziehungsweise energetischen Konzept wird es möglich sein, zirka 75 Prozent der erzeugten Wärme aus dem erneuerbaren Energieträger Holzpellets zu erzeugen.
  • Bis zum Bau der Pelletkessel ist eine Zwischenlösung zur Nutzung erneuerbarer Wärme geplant: Hierzu soll im Rahmen des Netzausbaus die bestehende Holzhackschnitzelheizung am Hallenbad eingebunden werden. Diese Anlage ist bisher nicht ganzjährig in Betrieb und nur wenige Monate im Jahr ausgelastet. Die Zwischenlösung ist auch deshalb sinnvoll, weil aus dem Norden der Stadt zukünftig industrielle Abwärme kommen könnte, die dann vorrangig genutzt werden muss. Auf einen Vollausbau der QZ Schulstraße mit Holzpellets könnte dann gegebenenfalls verzichtet werden.
  • Das Wärmenetz soll in mehreren Schritten entstehen: Im Jahr 2024 ist der Grundausbau geplant. Dieser soll die neue Quartierszentrale via Schulstraße, Goethestraße, Gustav-Hugo-Straße, Zwischen den Wegen, Scheffelstraße und Stettengasse mit der Holzhackschnitzelanlage am Hallenbad verbinden. Zum Ausbau 2024 sollen die Schillerstraße und Teile der Hauptstraße gehören. Der Wärmenetzausbau soll in den Jahren 2025 und 2026 fortgesetzt werden, so dass sukzessive das gesamte Versorgungsgebiet erschlossen wird.
  • Insgesamt wurde das neue Versorgungsgebiet in folgenden Umgrenzungen konzipiert: Im Westen wird das Gebiet von der Bahnlinie, im Norden von der Schillerstraße begrenzt. Im Süden ist die Konrad-Adenauer-Straße die Grenze. Im Osten verläuft die Gebietsgrenze durch die Stettengasse und die Rathausgasse, umschließt große Teile des „Dorfkerns“ inkl. Fridolinkirche und stößt via Inzlinger Straße wieder auf die Konrad-Adenauer-Straße. Innerhalb der Gebietsumgrenzung liegen zirka 700 Gebäude.
  • Das Versorgungsgebiet „Stetten-Dorf“ verbindet damit zwei bestehende Wärmeverbünde und bildet mit seiner Hauptleitung in der Pestalozzistraße und der Kreuzstraße einen strategisch wichtigen Teil einer Nord-Süd-Verbindung östlich der Bahnlinie, die in der Bergstraße auf den bestehenden Wärmeverbund Belchenstraße stößt.
Übersichtskarte des Wärmenetzes Stetten-Dorf
  • Am 11. Oktober ist eine Informationsveranstaltung für die Immobilienbesitzenden im neuen Wärmenetzquartier in Stetten-Dorf geplant. Neben den Details zum geplanten Wärmenetz werden auch mögliche Maßnahmen der Gebäudesanierung vorgestellt. Die Eigentümerinnen und Eigentümer werden in gesonderten Einladungsschreiben über die Veranstaltung informiert.
  • Ansprechpartner für Anschlussinteressenten ist die Stadtenergie Lörrach GmbH & Co. KG unter der Mailadresse info(at)stadtenergie-loerrach.de und telefonisch unter 07621 956699-0.
  • Zu einer Einstiegs-Energieberatung können Sie sich an den Fachbereich Umwelt und Mobilität Telefon 07621 415-555 oder umweltschutz(at)loerrach.de.
  • Wärmenetze werden in dicht besiedelten Gebieten als ein wesentlicher Schlüssel zur Umsetzung der Wärmewende gesehen. Sie stellen eine langfristige Infrastruktur der Daseinsvorsorge dar und sind Investitionen in die Zukunft: Wärmenetze ermöglichen die flexible Nutzung vielfältiger und insbesondere erneuerbarer Wärmequellen - von der Solarthermie, über Abwärme, Biomasse, Umweltwärme bis hin zur Geothermie, wie zum Beispiel in Riehen (CH) seit 1994 im Einsatz. Alle diese Quellen sind CO2-arm und geeignet, die CO2-Emissionen im Gebäudesektor maßgeblich zu reduzieren.
  • Seit dem Beginn des Ukrainekriegs, der damit verbundenen Energiepreissteigerungen und dem einsetzenden Umdenken im Hinblick auf Öl- und Gasheizungen aber auch aufgrund neuer gesetzlicher Anforderungen (zum Beispiel Gebäudeenergiegesetz) hat eine hohe Nachfrage nach Fernwärmeanschlüssen eingesetzt.
  • Die hohe Nachfrage stellt aber die Akteure vor große Herausforderungen: Ein begrenztes Angebot bei den erneuerbaren Energien, Personalengpässe im Fernwärmevertrieb, bei der Planung und der Ausführung, aber auch Einschränkungen, die sich erst auf den zweiten Blick ergeben, wie zum Beispieleine begrenzte Anzahl gleichzeitiger Baustellen aus verkehrlichen Gründen.
Wärmeverbund Tumringen (QZ Berner Weg 25)
Startjahr: 2018
Wärmequellen: BHKW-Abwärme (13 %), Erdgas (87 %)
Netzlänge: 590 m
Anzahl Kunden: 5
Anschlusswert: 729 kW (Summe Kunden)
Wärmelieferung: 791 MWh
Ausbautendenz: zunehmend
Wärmeverbund Nordstadt (HW Wölblinstraße 78 unter anderem)
Startjahr: 2010
Wärmequellen: Holz (86 %), BHKW-Abwärme (7 %), Erdgas (6 %), Heizöl (1 %)
Netzlänge: 8.081 m
Anzahl Kunden: 65
Anschlusswert: 5.988 kW (Summe Kunden)
Wärmelieferung: 8.653 MWh
Ausbautendenz: deutlich zunehmend
 

Wärmeverbund Belchenstraße (QZ Belchenstraße 19a)
Startjahr: 2015
Wärmequellen: BHKW-Abwärme (37 %), Erdgas (63 %)
Netzlänge: 564 m
Anzahl Kunden: 5
Anschlusswert: 1.490 kW (Summe Kunden)
Wärmelieferung: 2.566 MWh
Ausbautendenz: deutlich zunehmend
 

Wärmeverbund Am Alten Markt (QZ Am Alten Markt 5)
Startjahr: 1996
Wärmequellen: Erdgas (100 %)
Netzlänge: 50 m
Anzahl Kunden: 5
Anschlusswert: 120 kW (Summe Kunden)
Wärmelieferung: 138 MWh
Ausbautendenz: keine (Objektversorgung)
 
Wärmeverbund Stetten-Süd (HKW Konrad-Adenauer-Straße 13)
Startjahr: 2002
Wärmequellen: BHKW-Abwärme (42 %), Erdgas (58 %)
Netzlänge: 6.136 m
Anzahl Kunden: 123
Anschlusswert: 3.063 kW (Summe Kunden)
Wärmelieferung: 4.574 MWh
Ausbautendenz: keine (VG voll erschlossen)
 
Wärmeverbund Elsässer Straße (QZ Elsässer Straße 11c)
Startjahr: 2023
  • Die Stadtenergie Lörrach hat mit Gründung zum 1. Januar 2021 einen attraktiven und entwicklungsfähigen Anlagenbestand (fünf Versorgungsgebiete) übernommen. Schon im zweiten Betriebsjahr wurde ein ausgeglichenes Ergebnis erreicht. Mit dem WV Elsässer Straße kam Anfang 2023 ein sechstes Versorgungsgebiet hinzu. Die Netze und Erzeugungsanlagen werden fortlaufend ausgebaut, noch im Jahr 2023 die Netze Nordstadt und Belchenstraße zusammengeschlossen. Die Herausforderungen bestehen im Wesentlichen in den begrenzten Kapazitäten von erneuerbarer Energie und Personal sowie in organisatorischen Hemmnissen.
  • Mit den Ergebnissen der Wärmenetzstudie 4.0 und der kommunalen Wärmeplanung sowie auf Basis der abzusehenden politischen Beschlüsse auf kommunaler, Landes- und Bundesebene bieten sich der Stadtenergie Lörrach ein enormes Aufgabenfeld, gute wirtschaftliche Aussichten und über eine längere Zeitschiene die Möglichkeit, die CO2-Emissionen im Gebäudesektor auf dem Stadtgebiet Lörrach maßgeblich zu reduzieren.
  • Die Stadt Lörrach hat zusammen mit den anderen 34 Landkreis-Kommunen am Pilotprojekt „Unternehmensunabhängige interkommunale Wärmeplanung Landkreis Lörrach (UIWP)“ teilgenommen und darüber Anfang 2023 ihren gemeindespezifischen Wärmeplan erhalten.
  • Die Wärmeplanung wurde anhand des Handlungsleitfadens „Kommunale Wärmeplanung“ des Landes Baden-Württemberg erstellt und gibt einen Gesamtüberblick über die IST-Situation (Bestandsanalyse), über die Potenziale einer klimaneutralen Wärmeversorgung (Potenzialanalyse) und über die Errichtung möglicher Wärmenetze (Eignungsgebiete).
  • Der gemäß dem Klimaschutzgesetz Baden-Württemberg erstellte Wärmeplan ist ein Strategieplan, der nun auf die kommunale Ebene heruntergebrochen werden muss. Derzeit befindet sich die Stadtverwaltung mit der Stadtenergie in Absprache über die Weiterentwicklung der Wärmenetze zum Beispiel was sind neben Stetten-Dorf die nächsten Ausbaugebiete. Ziel ist es, der Bürgerschaft soweit als möglich Planungssicherheit zu geben, wo werden Wärmenetze kommen und wo nicht.
  • Von den beauftragten Büros wurde ein Zielszenario erarbeitet, das von einer Reduzierung des Wärmebedarfs durch Gebäudesanierungen und Effizienzsteigerungen in Höhe von 36 Prozent bis zum Jahr 2040 ausgeht. Von einer aktuell überwiegend auf Erdgas beruhenden Wärmeversorgung soll auf eine Wärmeversorgung umgestellt werden, die überwiegend über Wärmenetze erfolgt und außerhalb der Wärmenetze durch Nutzung von Wärmepumpen, Solarthermie und Biomasse. Bei den Wärmenetzen steht die Nutzung von industrieller Abwärme im Vordergrund. Auch Geothermie und Wasserstoff wird in der Wärmeplanung als Zukunftstechnologien eine größere Bedeutung zugeschrieben.
  • Ziel ist, dass bis 2040 jeder Haushalt, die Industrie sowie Handel, Gewerbe und Dienstleistungsbetriebe ihren Wärmebedarf aus erneuerbaren Energien decken können.
  • Die Wärmeplanung muss in Baden-Württemberg alle sieben Jahre aktualisiert werden.
  • In der Wärmenetzstudie wurden neben einer IST-Analyse der bestehenden Infrastruktur zur Wärmeversorgung auch verschiedene Potentialanalysen für erneuerbare Wärmequellen wie beispielsweise Grundwasser und Biomasse sowie für die Abwärmenutzung bei Industriebetrieben untersucht.
  • In die Untersuchung ist auch der Einfluss der städtischen Entwicklungsgebiete wie beispielsweise das Elisabethen- und Kreiskrankenaus, Bühl III oder das Vogelbach- und Lauffenmühle-Areal berücksichtigt. Die Studie kommt zum Schluss, dass für eine Versorgung mit „erneuerbarer“ Fernwärme zudem eine Reduzierung des Wärmeverbrauchs von 30 bis 40 Prozent erfolgen muss.
Von den städtischen Gebäuden sind bisher sechs an ein Wärmenetz der Stadtenergie Lörrach angeschlossen, die zusammen einen Wärmeverbrauch von zirka 1.000 MWh/a haben (entspricht zirka 8 Prozent des Wärmebedarfs städtischer Gebäude):
  • Altes Rathaus
  • Albert-Schweitzer-Schule
  • Wintersbuckhalle
  • Werkhof
  • Grundschule Tumringen
  • Sporthalle Tumringen
 
In diesem Jahr wird auch das Rathaus an das Wärmenetz angeschlossen (zusätzlich zirka 600 MWh/a beziehungsweise 5 Prozent des Wärmebedarfs städtischer Gebäude).
Der Anschluss der Hebelschule ist ebenfalls vorgesehen, sobald die Wärmeleitung dort verlegt wurde (zusätzlich zirka 350 MWh/a beziehungsweise 3 Prozent), sowie die sanierte Fridolinschule, (geschätzt nach der Sanierung zirka 250 MWh/a beziehungsweise 2 Prozent).
Das Hallenbad, die Rosenfelshalle, die beiden Gymnasien und die Realschule gehören zum stadteigenen Wärmeverbund „Campus Rosenfels“, der im nächsten Jahr in das gesamtstädtische Wärmenetz integriert werden soll (zirka 3.000 MWh/a beziehungsweise 25 Prozent).

Insgesamt sind bei den städtischen Gebäuden also bereits 33 Prozent des Wärmebedarfs durch Wärmenetze gedeckt. Der Anteil wird in den kommenden Jahren auf über 40 Prozent steigen.

  • Zum 1. Januar 2021 haben die badenovaWärmeplus GmbH & Co. KG und die ratio Neue Energie GmbH ihre Versorgungsanlagen in Lörrach (insgesamt fünf größere und kleinere Wärmenetze und die zugehörigen Wärmeerzeugungsanlagen) auf die neu gegründete Stadtenergie Lörrach GmbH & Co. KG übertragen. Die Gesellschaft hat die drei gleichberechtigten Gesellschafter Stadt Lörrach, badenovaWärmeplus und ratio Neue Energie.
  • Im zweiten Betriebsjahr (2022) erwirtschaftete die Stadtenergie Lörrach einen Umsatz aus der Lieferung von Wärme (16,7 Mio. kWh) und Strom (2,5 Mio. kWh) in Höhe von rund 2,4 Mio. Euro und erzielte damit erstmals ein knapp positives Jahresergebnis.
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