Volltextsuche auf: https://www.loerrach.de
Ein Stapel Zeitungen und ein Tablet

Umbenennung des Carl-Keller-Wegs in Sonnenweg


„Wir können als Stadt mit unserem heutigen Wissen nicht einen Menschen ehren, der in seinem ärztlichen Wirken sicher Gutes getan hat, aber eben auch viel Leid an Menschen und deren Familien verübt hat. Auch wenn Carl Keller sicherlich nicht allein verantwortlich dafür ist, ist seine Rolle doch zu zentral, um diese Taten zu übergehen. Lörrach steht für Offenheit und Toleranz, für ein friedvolles Miteinander. Es wäre daher ein fatales Signal einen Menschen zu ehren, der diese Werte nachweislich missachtet hat,“ betont Oberbürgermeister Jörg Lutz. „Daher spreche ich mich sehr klar für eine Umbenennung aus, wiewohl ich auch die Anliegen und Bedenken der Anwohner im Carl Keller Weg verstehe.“

Ausgangspunkt und Auslöser für die Überlegungen und den Diskursprozess war die Doktorarbeit des Lörracher Arztes Dr. Johann Faltum, der unter anderem nachgewiesen hat, dass Carl Keller, Chefarzt des damals städtischen Krankenhauses (heute Kreiskrankenhaus Lörrach) zwischen 1933 und 1942 mindestens 199 Zwangssterilisationen an unschuldigen Menschen vorgenommen hat. Auf Betreiben der Französischen Besatzungsmacht wurde Dr. Keller im Jahr 1946 aus der Krankenhausleitung als „Sympathisant“ in den Ruhestand entlassen. Diese Taten sind keinesfalls allein auf die Person Dr. Keller zu beschränken, vielmehr war Dr. Keller im Lörracher Krankenhaus der ausführende Arzt, die Entscheidungen wurden am Amtsgericht herbeigeführt und gingen vielmals auf Verleumdungen und Anschuldigungen durch Nachbarn, Vorgesetzte oder Ärzte zurück. Dass Dr. Keller in der Stadt eine hohe Anerkennung genoss zeigt sich daran, dass ihm zu Ehren posthum im Jahr 1965 eine neu angelegte Straße am Hünerberg nach ihm benannt wurde. Als Reaktion auf die Forschungen von Dr. Faltum empfahl die Lörracher Arbeitsgemeinschaft Erinnerungskultur der Verwaltung und dem Gemeinderat eine Umbenennung der Straße, da aus heutiger Sicht eine Ehrung des Dr. Keller durch die Stadt Lörrach im Anblick der neuen Erkenntnisse nicht mehr vertretbar ist und nicht den Grundsätzen der Lörracher Erinnerungskultur entspricht, die der Gemeinderat im September 2019 beschlossen hat.

Im Dialog mit den verschiedenen Interessengruppen und den Eigentümern und Anwohnern des Carl-Keller-Wegs wurde eine Umbenennung ausgiebig diskutiert. Dabei zeigte sich, dass eine Mehrheit der Menschen, die im Carl-Keller-Weg leben, eine Umbenennung ablehnen und stattdessen ein erklärendes Hinweisschild zu den positiven wie negativen Taten von Dr. Keller bevorzugen. Die AG Erinnerungskultur und auch die Stadtverwaltung sehen es aber darüber hinaus als ihre Aufgabe an, im Sinne aller Bürgerinnen und Bürger zu entscheiden. Und hier stehen in erster Linie die Grundsätze der Lörracher Erinnerungskultur sowie der Schutz der Interessen von solchen gesellschaftlichen Gruppierungen, die durch das Wirken von Dr. Keller in besonderer Weise tangiert sind. So hat sich beispielsweise der Lörracher Behindertenbeirat sehr frühzeitig mit einem klaren Statement in die Diskussion eingebracht und sich für eine Umbenennung der Straße ausgesprochen.

Die Stadtverwaltung bietet den Anwohnerinnen und Anwohnern im Carl-Keller-Weg an, bei den anstehenden Aufgaben, die durch die Umbenennung auf sie zukommen, behilflich zu sein. So werden verschiedene Behörden und Ämter durch die Stadtverwaltung über die Adressänderung informiert. Für Menschen, denen die Erledigung aller Formalitäten insbesondere online große Mühe bereitet, bietet die Stadtverwaltung Unterstützung in Zusammenarbeit mit der städtischen Einrichtung PlusPunktZeit an.

Stabsstelle Medien und Kommunikation

Nach oben