Verlegung von zwei Stolperschwellen in Lörrach
Doktor Faltum konnte durch seine Forschungen allein für die Stadt Lörrach und das dortige städtische Krankenhaus nachweisen, dass 199 Menschen aus der näheren Umgebung unfreiwillig unfruchtbar gemacht wurden.
Die Arbeit legt offen, dass auch im Landkreis Lörrach das Vorgehen der Behörden äußerst planmäßig erfolgte und in mancherlei Hinsicht äußerst willkürlich gehandelt wurde. Involviert in die Zwangssterilisationen waren im Wesentlichen das Erbgesundheitsgericht am Lörracher Amtsgericht als Entscheidungsinstanz sowie die beiden Krankenhäuser in Lörrach und Schopfheim als ausführende Instanzen. Am Amtsgericht wurden durch das damals eingesetzte Erbgesundheitsgericht 373 Menschen zur Zwangssterilisierung verurteilt.
Für die Erinnerungskultur der Stadt Lörrach ergeben sich aus diesen Forschungsergebnissen die Frage, wie an die vielen Opfer der Zwangssterilisierungen erinnert werden kann, ohne dabei die Opfer und deren Nachfahren zu kompromittieren und ohne dabei einzelne Täter zu sehr in den Fokus zu rücken. Da die Stadt Lörrach bereits seit 2018 an die Opfer der nationalsozialistischen Gewalttaten durch das Verlegen von Stolpersteinen erinnert, entstand aus der Initiative für Stolpersteine heraus die Idee, auch an die Opfer der Zwangssterilisierungen mit Stolpersteinen beziehungsweise mit Stolperschwellen zu erinnern. Der Künstler Gunter Demnig, der die Stolpersteine schon seit 1999 europaweit verlegt, hat in den letzten Jahren die Idee von Stolperschwellen eingeführt. Auf diesen etwa 50 cm breiten Messingtafeln, die im Boden verlegt werden können, wird an größere Opfergruppen erinnert, die nicht namentlich erwähnt werden können – sei es aufgrund der mangelnden Forschungslage oder aufgrund von Persönlichkeitsrechten.
Daher beantragte die Stadt Lörrach gemeinsam mit der Initiative für Stolpersteine und in Abstimmung mit der AG Erinnerungskultur je eine Stolperschwelle zur Verlegung am ehemaligen Städtischen Krankenhaus, dem heutigen Kreisklinikum sowie am Amtsgericht Lörrach.
Dieser Antrag wurde eng mit der baden-württembergischen Justizverwaltung für das Amtsgericht sowie mit dem Landratsamt für das Kreiskrankenhaus abgestimmt. Sowohl die Justizministerin Marion Gentges als auch die Landrätin Marion Dammann unterstützten diesen Antrag von Anfang an. Auch die Stadt Lörrach, vertreten durch Oberbürgermeister Jörg Lutz, unterstützt diese Initiative und stellt sich damit auch der städtischen Verantwortung, denn das Krankenhaus war zur Zeit des Nationalsozialismus noch eine städtische Einrichtung.
Der Künstler Gunter Demnig wird am 5. Oktober 2024 im Beisein von Ministerin Marion Gentges und vielen Vertreterinnen und Vertretern aus Politik, Verwaltung, Zivilgesellschaft und Betroffenenverbänden je eine Stolperschwelle am Kreisklinikum und am Amtsgericht in Lörrach verlegen. Diese Stolperschwellen erinnern an die Verantwortung aller für ein friedvolles, respektvolles und würdevolles Miteinander aller Menschen.
Zu den beiden Verlegungen um 15.30 Uhr am Kreiskrankenhaus und um 16 Uhr am Amtsgericht sind alle Bürgerinnen und Bürger herzlich eingeladen. An der anschließenden Gedenkfeier im Amtsgericht können aus Kapazitätsgründen nur geladene Gäste teilnehmen.