Das ursprünglich aus Oberschlesien stammende Paar Arthur und Frieda Juliusberger baute sich in Südbaden eine bürgerliche Existenz auf. Man tat es Frieda Juliusbergers Bruder Heinrich Wohl in Lörrach gleich und führte ein Textilgeschäft in zentraler Lage in Waldshut.
Im Jahr 1913 zog die vierköpfige Familie in die Turmstraße 20 in Lörrach. Dieses war der Stammsitz des von Arthur Juliusbergers Schwager, Heinrich Wohl, im Jahr 1901 gegründeten Kaufhauses am Hebelpark. Heinrich Wohl hatte sich mittlerweile vergrößert und ein repräsentatives Herren- und Knaben-Konfektionsgeschäft an der Mittleren Rheinbrücke in Basel etabliert. Frieda und Arthur Juliusberger übernahmen die Leitung des Lörracher Geschäfts.
Während die Basler Niederlassung florierte, geriet der Lörracher Zweig ins Schlingern und ging als Kaufhaus Juliusberger 1925 in Konkurs. Das Ehepaar Juliusberger führte fortan eine Pension in der Turmstrasse 20.
Tochter Erna verblieb bis zu ihrer Eheschließung in Basel im elterlichen Haushalt in Lörrach. Elsa hatte sich mit dem Friseur Max Kasar im sächsischen Großenhain verehelicht.
Bekanntermaßen setzte das NS Regime am 1. April 1933 einen Tag des Boykotts aller jüdischen Geschäfte und Ärzte an. In der Folge blieb dem Friseursalon Max Kasar die nicht-jüdische Kundschaft aus. Elsa und Max Kasar gaben ihr Geschäft erzwungenermaßen auf und betrieben mit den letzten ihnen verbliebenen Mitteln ihre Auswanderung ins damalige Palästina. Ihre letzte Bleibe vor ihrer Auswanderung im Oktober 1933 war die Turmstrasse 18. In dieses Haus, es gehörte ebenfalls Heinrich Wohl, waren Frieda und Arthur Juliusberger umgezogen, nachdem sie ihre Pension in der Turmstrasse 20 aufgegeben hatten.
Die Töchter Elsa und Erna waren in Sicherheit vor den antijüdischen Verfolgungsmaßnahmen des NS Regimes, ihre Eltern hingegen nicht. Wie alle jüdischen Männer wurde Arthur Juliusberger am 10. November 1938 in das Konzentrationslager Dachau gebracht. Kurz nach seiner Entlassung aus Dachau stellte sein Basler Schwiegersohn Hans Meier-Juliusberger bei der Basler Fremdenpolizei einen Antrag auf Einreise seiner Schwiegereltern. Da aber keine unmittelbare Aussicht auf die Weiterreise nach Palästina bestand, zog Hans Meier sein Gesuch zunächst zurück.
Hans Meier wie auch Heinrich Wohl erneuerten ihr Gesuch, nachdem Frieda und Arthur Juliusberger am 22. Oktober 1940 ins damals noch unbesetzte Frankreich deportiert und im Camp de Gurs interniert worden war. Dieses Mal gab die Fremdenpolizei dem Gesuch statt. Am 3. Juli 1941 wurde Frieda Juliusberger eine Bewilligung für die Einreise in die Schweiz ausgestellt. Sie zog zunächst zu ihrer Tochter nach Basel und verstarb am 16. Mai 1960 im jüdischen Altersheim La Charmille in Riehen.
Für Arthur Juliusberger gab es keine Rettung. Die Hoffnung, zu seiner Tochter Elsa nach Palästina zu ziehen, sollte sich zerschlagen. Im August 1942 begannen Gendarmen der Vichy Regierung in Gurs, Rivesaltes und weiteren Lagern erfasste Juden in das Sammellager Drancy im Norden von Paris zu überführen. Dort teilte Arthur Juliusberger das Schicksal der Vielen, die in Güterwagons nach Auschwitz deportiert wurden. Arthur Juliusberger wurde aller Wahrscheinlichkeit nach unmittelbarer Ankunft des „Transport 18“ in Auschwitz ermordet.
Text und Dokumentation: Ido Bendori, Tel Aviv und Ulrich Tromm, Lörrach
- Bilder aus dem privaten Nachlass zeugen von privatem Glück und wirtschaftlicher Zuversicht. Dem Ehepaar waren zwei Töchter beschert: Elsa, geboren im Februar 1905 und Erna, geboren im Juni 1909.
- In Lörrach, besuchten die Töchter Elsa und Erna die nebenan gelegene Hebelschule. Ein Foto zeigt Elsa im Kreise ihrer Schulkameradinnen.
- Elsa Juliusberger (Foto: Ido Bendori, Tel Aviv)
- Zeitungsannonce des Spezial-Geschäfts Juliusberger