Der am 5. Juni 1886 geborene Moritz Weil war das jüngste von sieben Kindern von Abraham Weil. Er verehelichte sich mit Johanna Weil, als Johanna Rothschild am 17. Dezember 1886 in Straßburg gebürtig. Von den sieben Geschwistern hatte lediglich Moritz und Lina Weil ihren Lebensmittelpunkt in Lörrach.
Die seit 1868 in der Grabenstraße 15 etablierte und offenbar florierende Textilhandlung „Abraham Weil“ verlegte unter seinem Sohn Moritz ihren Geschäftssitz in die Basler Straße. Als Wohnsitz der Familie bestand das Haus Grabenstraße 15 fort. Am 10. November 1938 wurde Moritz Weil im Rahmen des reichsweiten Pogroms verhaftet und in das Konzentrationslager Dachau eingewiesen. Nach seiner Entlassung flohen er und seine Frau Johanna nach Straßburg. Das Haus war noch nach der Flucht des Ehepaars die letzte Lörracher Anschrift der Familien Bloch, Schwab und Selinger. Im Volksmund nannte man dieses Haus ein „Judenhaus“. Im Adressbuch von 1939 war die Anschrift Grabenstraße 15 bereits gelöscht, wenngleich die letzten verbliebenen Bewohner erst am 22. Oktober 1940 ins unbesetzte Frankreich deportiert wurden. Die anschließende Irrfahrt endete im Lager Gurs.
Straßburg sollte sich für Moritz und Johanna Weil als gefährdeter Zufluchtsort erweisen. Mit dem Beginn des sogenannten Frankreichfeldzugs der NS-Wehrmacht setzte eine Massenflucht aus Straßburg und dem Elsass ein, die später als „Exodus“ in die französische Geschichtsschreibung einging. Johanna und Moritz Weil sollten eine neue Bleibe im noch unbesetzten Frankreich finden – und zwar in Bezier. Im August 1942 riss der Kontakt zu in die USA geflüchteten Verwandten abrupt ab.
Seiner Schwester Lina Günzburger, ihrem Ehegatten Sigmund und deren Sohn Herbert war kurz vor Kriegsausbruch im buchstäblich letzten Moment die Flucht nach Basel gelungen. Nur war die geplante Weiterreise nach England ausgeschlossen, denn die englischen Behörden beschränkten Schiffspassagen auf britische Staatsbürger. In der Schweiz konnte Herbert Günzburger für sich und seine Eltern Einreisevisa in die USA erlangen. Kurz vor Kriegsende kehrte Herbert Günzburger als US Soldat nach Europa zurück. Er bekam Urlaub von der US Army, um eigene Nachforschungen zum Schicksal seines Onkels und seiner Tante anzustellen. Vom Roten Kreuz und örtlichen Behörden erhielt er traurige Gewissheit. Das Ehepaar war am 26. August 1942 von Gendarmen der Vichy-Regierung verhaftet und in das Lager Rivesaltes eingewiesen worden. Es handelte sich um die berüchtigte Razzia an just diesem Tag im gesamten noch unbesetzten Frankreich, die zum Ziel hatte, der SS wie vereinbart die geforderte Zahl jüdischer Flüchtlinge zuzuführen. Der Weg von Johanna und Moritz Weil führte dann über das Sammellager Drancy nach Auschwitz.
Autoren: Andrea Beecher, Jürgen Krause, Ulrich Tromm
- Das Ehepaar Johanna und Moritz Weil auf einem Familienfoto.
Bild zur Verfügung gestellt aus der Herbert Guenzburger Familien Sammlung
- Moritz Weil als Soldat im 1. Weltkrieg.
Bild zur Verfügung gestellt aus der Herbert Guenzburger Familien Sammlung