Hermann Lützelschwab wurde am 31. Oktober 1892 in Minseln geboren. Seine Eltern waren der Landwirt Fridolin Lützelschwab und dessen Ehefrau Albertina geb. Bannwarth. In jungen Jahren erlernte Lützelschwab das Schlosserhandwerk und arbeitete zunächst in verschiedenen Orten, unter anderem in Stuttgart. Im Jahr 1921 ließ er sich schließlich in Lörrach nieder und war zunächst als Automechaniker tätig, ehe er ein Transportgeschäft mit einem eigenen Lastkraftwagen gründete. Bereits als junger Mann trat Lützelschwab als überzeugter Kommunist in Erscheinung. Von 1922 bis 1926 war er für die KPD Mitglied im 72-köpfigen Bürgerausschuss der Stadt Lörrach.
Mit Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft begann für Hermann Lützelschwab eine schwere Leidenszeit. Der Brand des Reichstagsgebäudes Ende Februar 1933 diente den Nationalsozialisten als Vorwand, die Kommunisten von der bevorstehenden Reichstagswahl auszuschließen und ihre Vertreter vorübergehend in Haft zu nehmen, unter ihnen auch Hermann Lützelschwab.
Am 7. November 1933 erging neuerlich Haftbefehl gegen Hermann Lützelschwab sowie sieben weitere Mitglieder der inzwischen verbotenen KPD. Ihnen wurde zur Last gelegt, die illegale Tätigkeit der KPD in Lörrach zu organisieren. Lützelschwab wurde in das berüchtigte Konzentrationslager Heuberg überführt. Die Zustände dort hat Robert Neisen, gestützt auf die Aussagen von Lützelschwab nach Ende der NS-Herrschaft, in seinem Buch „Lörrach und der Nationalsozialismus“ beschrieben, als Beleg dafür, dass die NS-Justiz als Instrument des Terrors gegen Regimegegner agierte.
Lützelschwab war bis zum 21. Dezember 1933 im KZ Heuberg in Haft. Der Lokalhistoriker Hansjörg Noe schildert die gesundheitlichen und psychischen Schäden, die sich Lützelschwab während seiner Haftzeit dort zuzog, in seinem Buch „Nun kann ich darüber sprechen …“ in aller Ausführlichkeit.
Zurück in Lörrach, konnte Lützelschwab zunächst keiner Arbeit mehr nachgehen, sein Transportunternehmen musste er einstellen. Später arbeitete er bei der Firma Eisenbau-Wyhlen AG. Zusammen mit seiner Ehefrau Frieda, geborene Lais, die Hermann Lützelschwab am 26.09.1936 in Lörrach geheiratet hatte, sowie der im Jahr 1937 geborenen Tochter, lebte die dreiköpfige Familie in der damaligen Wilhelmstraße 12 (heute Haagener Straße 12).
Am 22. August 1944 wurde Hermann Lützelschwab im Rahmen der sogenannte „Reichsaktion Himmler“ erneut verhaftet. Zusammen mit ehemaligen sozialdemokratischen und kommunistischen Mandatsträgern aus dem Kreis Lörrach, unter ihnen der spätere Lörracher Bürgermeister Arend Braye, wurde Lützelschwab in das Konzentrationslager Natzweiler verbracht.
Bedingt durch den schnellen Vormarsch amerikanischer Verbände, musste die SS das Lager Natzweiler Anfang September 1944 räumen. Lützelschwab wurde zunächst in das Konzentrationslager Dachau überführt. Eines der KZ-Außenlagern, in die Häftlinge aus Dachau überstellt wurden, befand sich in Überlingen-Aufkirch. Hier war Lützelschwab ab Anfang Oktober 1944 mit Zwangsarbeitern untergebracht, deren Aufgabe es war, den unmittelbar am Bodensee gelegenen Goldbacher Stollen von Sandstein zu räumen, um Platz für die unterirdische Rüstungsproduktion zu schaffen.
Eine Lörracher Bürgerin, die als Kind unweit des Stolleneingangs in der Oberen Bahnhofstraße in Überlingen wohnte, erinnert sich: „Eine Kolonne von Zwangsarbeitern zog in Holzpantinen auf dem täglichen Kilometermarsch in das Lager Aufkirch, bewacht von SS-Leuten mit scharfen Hunden jeweils am Anfang und Ende der Kolonne. Diejenigen Zwangsarbeiter, die den Strapazen der Arbeit im Stollen erlegen waren, wurden von ihren Kameraden gestützt oder getragen. Übrigens waren nicht nur das Geklapper die Holzschuhe für mich beeindruckend, sondern auch die von allen getragenen grau-weiß gestreifte Sträflingskleidung. Wenn das Geklapper zu hören war, hieß es, die KZ‘ler kommen. Wir mussten sofort von der Straße ins Haus gehen. Ich hielt mich manchmal im Garten auf, damit ich die Kolonne besser sehen konnte, der Eindruck war für mich nachhaltig!".
Hermann Lützelschwab war nicht zur Zwangsarbeit im Goldbacher Stollen eingesetzt. Er leistete Küchendienst im Lager Überlingen-Aufkirch. Die vielen im Lager gestorbenen Zwangsarbeiter waren zunächst in einem Massengrab im Überlinger Waldstück Degenhardt verscharrt worden. Die französische Militärverwaltung trug Sorge dafür, dass die Toten am 9. April 1946 eine würdevolle Bestattung auf dem Deportierten-Friedhof in Birnau erhielten.
Für Hermann Lützelschwab endete seine Haftzeit am 18. Oktober 1944 wieder in Dachau, wohin er zwei Tage zuvor zurückbeordert worden war. Zurück in Lörrach, hatte Hermann Lützelschwab an den in seiner Haft erlittenen körperlichen und seelischen Schäden schwer zu tragen. Der Kampf um eine Wiedergutmachung – wiederum beschrieben im Buch von Hansjörg Noe – sollte sich nach 1945 lange Zeit hinziehen. Am 25. Januar 1975 verstarb Hermann Lützelschwab in Lörrach.
Autoren: Kai Bühler (Stadtarchiv Lörrach), Ulrich Tromm
Quellen
- Neisen, Robert: Zwischen Fanatismus und Distanz. Lörrach und der Nationalsozialismus, Bötzingen 2013.
- Noe, Hansjörg: „Nun kann ich darüber sprechen…“. Zeitzeugen, Tagebücher und autobiographische Dokumente zum Nationalsozialismus in Lörrach, Lörrach 2015.
- Burger, Oswald: Der Stollen, hrsg. vom Verein Dokumentationsstätte Goldbacher Stollen und KZ Aufkirch in Überlingen, Überlingen 1997.
- Weitere Quellen aus dem Stadtarchiv Lörrach, dem Staatsarchiv Freiburg sowie nach Angaben der KZ-Gedenkstätte Dachau.